Der neue Roman von Thomas Pynchon ist ein überwältigendes Prosa-Gebirge. Es hat keine Logik – außer seiner eigenen
"Warum ist das nicht nur selbstlaufende Wirrnis, eine zuchtlos über alle Ufer tretende Fantasieschwemme? Weil Pynchon sein bis zur Betäubung rasendes Riesenrad anhält – und zack, sind wir nicht mehr im Gespräch mit einem weißen Blitz, sondern mitten im Kampf der amerikanischen Gewerkschaften um die Jahrhundertwende. Pynchon hat uns nicht nur eine Pistolero-Scheherazade zurechtgegaukelt, der in früher Jugend bei Boeing als technischer Zeichner Debütierende und die Rüstungsindustrie Studierende hat uns auch die Saga von der Gewalt als Wurzelboden der amerikanischen Gesellschaft erzählt (allein aus den zahllosen Waffenbeschreibungen ließe sich ein unergötzliches Glossar zusammenstellen). Wie bei aller großen Literatur – von Werther bis zur Kartause von Parma oder zu den Romanzyklen des John Dos Passos – schmilzt unser Autor Wirklichkeit mit ein; er singt »die große antikapitalistische Hymne«, er zeigt das Menschenzerstampfende der industriellen Gründerjahre, in denen aus Blut und zerschundenen Knochen jener gleißende Reichtum der Carnegies und Rockefellers entstand, den wir heute noch in des Eisenbahnkönigs prunkvoller Frick Collection bewundern."
Von Fritz J. Raddatz | © DIE ZEIT, 15.05.2008 Nr. 21
Ein Wunderwerk
Donnerstag, 15. Mai 2008
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